Disruption in der Logistik: Diese Trends werden wichtig

Der „Amazon-Effekt“, neue Adresssysteme und der Brexit treiben den Wandel im Supply Chain Management voran

Von FM

Handel und E-Commerce erleben zurzeit eine rasante Beschleunigung der Supply Chain. Mit dem Konzept „Heute bestellt, morgen – oder noch früher – geliefert“ hat der Onlinehändler Amazon die Supply Chain entscheidend verändert. Sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich erwarten Kunden, dass ihre Lieferung in kürzester Zeit ankommt. Eine zuverlässige Sendungsverfolgung setzen sie dabei ebenso als selbstverständlich voraus wie die problemlose Abwicklung etwaiger Reklamationen oder Rücksendungen. Unternehmen müssen ihre Supply Chain anpassen, um hier mitzuhalten. Zusätzlich stellen neue Adressierungssysteme und die Auswirkungen des Brexit die Branche vor Herausforderungen.

Inzwischen benutzen einige Unternehmen ihre Lieferkette geradezu als Waffe im Wettbewerb: Amazon konnte nicht zuletzt durch sein revolutionär schnelles Lieferkonzept eine herausragende Marktstellung erobern. In den USA setzt Walmart die „Just in Time“-Anlieferung mit rigorosen Vertragsstrafen durch: Wer die Filialen zu spät oder zu früh beliefert, dem werden bei Rechnungsstellung drei Prozent des Warenwerts abgezogen. Vor allem kleinere Anbieter haben Schwierigkeiten, in diesem Wettrüsten der Supply Chain mitzuhalten. Globale Lieferketten so effizient wie die Marktführer zu organisieren, funktioniert für diese Unternehmen nicht über den massiven Druck der eigenen Marktmacht. Effektive Mittel, um hier dennoch mitzuhalten, sind vielmehr kooperative Modelle. Eine weltweit agierende Plattform bietet etwa BluJay Solutions. Das Global Trade Network erlaubt die schnelle Ausweitung der eigenen Supply Chain durch Einbeziehung neuer Anbieter ebenso wie Überwachung und Steuerung der Warenbewegungen nach dem Control Tower-Prinzip. Dazu dient ein cloudbasiertes Portfolio von Anwendungsdiensten zusammen mit einem Netzwerk von 40.000 Frachtführern und Partnern.

Neue Adressanwendungen

Ebenso wichtig für die Weiterentwicklung der Lieferkette sind alternative Systeme zur Georeferenzierung wie what3words oder Locpin. Sie teilen die gesamte Welt in ein engmaschiges Koordinatenraster ein, auf dem jedem Quadrat eine weltweit eindeutige Kennzeichnung zugeteilt wird. Bei what3words ist das etwa eine Kombination aus drei Wörtern, bei Locpin ein Code, der bei Bedarf um Zusatzinformationen für Lieferanten, etwa Angaben zum richtigen Stockwerk oder eine Kontakt-Telefonnummer, ergänzt werden kann. Damit lassen sich auch solche Ziele sicher ansteuern, die nicht im klassischen Adresssystem aus Straße, Postleitzahl, Stadt und Land erfasst sind. In vielen Ländern sind solche neuen Systeme eine Grundvoraussetzung, um Lieferungen überhaupt an den richtigen Ort zu bringen – aber auch auf Großveranstaltungen wie Musikfestivals oder im Katastrophenfall sorgen sie für erhöhte Zielgenauigkeit. Nach einer aktuellen Umfrage von what3words könnten Lieferungen weltweit bei höherer Präzision der Adressdaten bis zu 29 % effizienter sein, was in der Branche zu Einsparungen bei den Logistikkosten von bis zu 55,83 Mrd. US-Dollar führen könnte.

Mit den neuen Systemen zur Georeferenzierung sind Verwechslungen etwa aufgrund von falschen Hausnummern, Zahlendrehern oder schwer zu findenden Eingängen durch die eindeutige Standortbezeichnung der neuen Systeme ausgeschlossen. Frachtgüter und Pakete dürften daher in Zukunft schneller und ohne Umwege ans Ziel gelangen – insbesondere wenn Lieferungen zukünftig von autonomen Fahrzeugen wie Drohnen oder Robotern ausgeführt werden. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass über die gesamte Lieferkette hinweg die Softwarelösungen angepasst werden, um die neuen Daten verarbeiten zu können. Das betrifft ERP- und OMS-Systeme ebenso wie das Warehouse- und Transport-Management-System (WMS/TMS) sowie den gesamten Komplex der Buchhaltungssoftware. Damit eine Sendung, die mithilfe der neuen Georeferenzierungs-Systeme adressiert wurde, die Lieferkette problemlos passieren kann, muss die Umstellung aller eingesetzten Softwaresysteme gleichzeitig erfolgen – eine große Herausforderung sowohl für Softwarehersteller als auch die IT-Teams innerhalb der Unternehmen.

Brexit befeuert Trend zur Zoll-Automatisierung

Mit dem EU-Austritt stehen die Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs vor einem Umbruch: In Unternehmen, die mit Großbritannien Handel treiben, führt das Ende des freien Warenverkehrs unweigerlich zum sprunghaften Anstieg der Zollerklärungen für Im- und Exporte. Daraus folgen erhebliche Risiken etwa durch fehlerhafte Deklarationen oder sich rapide ändernde gesetzliche Vorgaben. Für zahlreiche Akteure ist daher nun höchste Zeit zu Handeln – vielfach in Form von Investitionen in leistungsfähige Zollsoftware. Nur durch die vermehrte Automatisierung der Bearbeitung wird die schiere Masse an Zollanmeldungen zu bewältigen sein.

Allerdings ist auch die beste Software auf kompetente Anwender angewiesen – daher hat der Brexit direkte Auswirkungen auf den Personalbedarf in Unternehmen. Wer stark auf den Handel mit Großbritannien fokussiert ist, muss dafür Sorge tragen, dass genügend Spezialisten für den Zollbereich eingestellt werden. So bleibt gewährleistet, dass die komplexen Ausfuhrverfahren standardmäßig, regelkonform und erfolgreich gelingen.

Quellen und weitere Informationen:

https://www.blujaysolutions.com/

https://what3words.com/

30. März 2018